Ein Manifest für die Zukunft – Klimaaktivistin Paula Dorten im Interview
Hallo Paula, magst Du dich uns einmal vorstellen?
Ich bin Paula, 16 Jahre alt, Schülerin, Klimaaktivistin bei „Fridays For Future“ und Poetry Slammerin. Im Web – Medium Ökoreich – blogge ich auf meinem eigenen Format. Zusammen mit Marcus Wadsak habe ich das Buch „Letzte Generation: Das Klimamanifest“ geschrieben.
Wie kam es dazu, dass Du Klimaaktivistin wurdest?
Viele Klima-Aktivist*innen erzählen immer, dass sie einen Schlüsselmoment hatten. Bei mir war das eigentlich nicht so. Das kam eher schleichend. Meine Eltern haben mich sehr klimabewusst erzogen und ich hatte immer im Hinterkopf, dass es die Klimakrise gibt. Ich habe diesen unglaublichen Weltschmerz verspürt und Krieg, das Klima und die Ausbeutung des globalen Südens sind mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. In dieser Zeit habe ich in einem Vortrag gehört, dass wir, wenn wir die Klimakrise wirklich verstanden hätten, alle auf der Straße stehen würden und schreien. Ich habe mich immer mehr damit beschäftigt und irgendwann wollte ich wirklich nur noch weinen und schreien. Weil ich einfach in eine Zukunft blicke, die von Katastrophen geprägt sein wird und trotzdem dreht sich weiterhin alles nur um Profit und kurzfristigen Gewinn. Daraufhin habe ich angefangen, mich bei Fridays for Future zu engagieren und auf die Straße zu gehen. Das hat dann endlich etwas von meiner Angst in Hoffnung umgewandelt.
Warum ist es dir so wichtig, die junge Generation und deren Wünsche für eine bessere Zukunft zu vertreten?
Die Antwort ist ein bisschen traurig: Ich habe eigentlich keine andere Wahl. Ich bin 16 Jahre und blicke in eine Zukunft, die von Katastrophen geprägt sein wird. Die Klimakrise führt jetzt schon zu Extremwetterereignissen, Fluchtbewegungen, Kriegen, Artensterben, etc. Politik und Großkonzerne schmücken sich mit grünen Parolen aber die Taten bleiben aus. Mir bleibt keine Zeit mehr um CEO oder Politiker*in zu werden. Wir müssen jetzt sofort handeln. Ich möchte in einer Klimagerechten Welt leben. Wenn ich mit anderen Menschen auf die Straße gehe, meine Stimme durchs Megaphon an Politiker*innen richte, dann bin ich hoffnungsvoll und weiß, dass wir das gemeinsam bewältigen werden. Wir geben uns gegenseitig Kraft. Wenn wir viele mutige und laute Menschen sind, dann sind wir nicht mehr zu überhören.
Mir bleibt keine Zeit mehr um CEO oder Politiker*in zu werden. Wir müssen jetzt sofort handeln.
Paula Dorten
Was braucht es deiner Meinung nach, um HR-Abteilungen für Nachhaltigkeit zu gewinnen?
Ich glaube in unserem jetzigen Wirtschaftssystem ist es sehr schwierig als Unternehmen klimafreundlich zu sein. Da gibt es keine “3 Tipps”, die das lösen könnten. Im Moment dreht sich alles um Wachstum und Gewinn. Es ist „wirtschaftlicher“, unseren Planeten auf ewig zu zerstören anstatt nachhaltig für ihn zu sorgen. Unseren Wohlstand messen wir an den Gewinnen von Unternehmen, den Leistungen der arbeitenden Bevölkerung, an Geld. Wir haben vergessen, was Wohlstand wirklich bedeutet: soziale Gerechtigkeit, eine intakte Umwelt, Bildung und Gleichberechtigung, mentale und körperliche Gesundheit, Freizeit. Wenn Politik und Unternehmen diese Werte in ihrem Handeln als oberste Priorität anerkennen, dann können wir eine zukunftsorientierte Wirtschaft erschaffen, die sowohl den Menschen und dem Planeten guttut.
Wie lautet dein Manifest für eine bessere Zukunft?
Die Klimakrise zwingt uns zu einem Wandel, indirekt haben wir uns selbst zu einem Wandel gezwungen. Nichts kann so weitergehen wie bisher, wenn wir die Welt in 50 Jahren noch wiedererkennen wollen. Wenn Klimaschutz antisexistisch, antirassistisch und antifaschistisch ist, dann haben wir eine Welt zu gewinnen. In jeder Person steckt ein*e Klimaaktivist*in. Wir müssen für einen Systemwandel auf die Straße gehen. Unsere politische Stimme ist so viel mehr als das Kreuzerl alle vier Jahre am Wahlzettel. Wir müssen da und laut sein! Gemeinsam können wir den Traum von Klimagerechtigkeit wahr werden lassen.
Auszug aus Paulas Manifest:
Menschen sagen mir oft, wie dankbar sie für meinen Klimaaktivismus sind und wie sehr sie hoffen, dass sich noch etwas ändert. Es macht mich traurig, wenn Menschen denken, dass ihnen nur noch das Hoffen bleibt, wenn ihnen der Mut zum Ungehorsam fehlt. Der Titel des Buches von der Klimaaktivistin Carola Rackete trifft es perfekt: Wir müssen „Handeln statt Hoffen“, müssen gemeinsam eine lebenswerte Zukunft, einen Wandel einfordern. Wir müssen rebellieren. Auf der Straße und nicht nur im Supermarkt.“