Transparenz und Nachhaltigkeit, so geht’s – Maximilian Mauracher im Interview

Hallo Max, wer bist Du und woran arbeitest Du?

Nach meinem Designstudium habe ich für unzählige Agenturen und Kund:innen gearbeitet, aus den verschiedensten Branchen. Diese Insights aus „being creative und doing business“ verbinde ich seit Oktober 2020 mit meiner Mitgründerin Nika van Olst unter dem Namen “NEW STANDARD.STUDIO”. Wir nennen uns absichtlich Studio und nicht Agentur: Weil wir in viele Projekte ohne fixes Ergebnis im Kopf herangehen. Unternehmen wissen natürlich, was sie von uns bekommen, aber wir arbeiten auch mit öffentlichen Auftraggebern und an eigenen Projekten, dann auch mit einer experimentelleren Herangehensweise. Circular Economy, Regenerative Design, Mission-Oriented Innovation – das sind Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen.

Maximilian Mauracher von NEW STANDARD.S

Am Ende bekommen Kund:innen von uns aber auch Nachhaltigkeitsberichte oder Kampagnen für nachhaltige Produkte. Die Vielfalt unserer Projekte ist wichtig für uns, dadurch bleiben wir motiviert und immer am Ball – es gibt gar keine Möglichkeit, dass wir in eine Routine verfallen. Das ist eigentlich der größte Benefit für unsere Kund:innen: Wir gehen jedes Projekt mit der Neugierde und Motivation an, als wäre es unser erstes. Natürlich haben wir aber jede Menge Expertise und Erfahrungen im Gepäck – und ein großes Netzwerk an Expert:innen, von denen wir selbst jeden Tag dazulernen. 

Wie kam es dazu, dass Du NEW STANDARD.S gegründet hast?

Nach vielen Jahren in der Werbung und im Design, habe ich gemerkt, dass Kommunikation und Gestaltung zwar großen Einfluss hat, aber wir diesen Einfluss kaum für positive Zwecke nutzen, sondern vor allem, um Konsum anzukurbeln. NEW STANDARD.S entstand aus der Idee heraus, Kommunikation werte- und faktenbasiert einzusetzen, nachhaltige Systeme zu fördern und dadurch Verhaltens- und Konsummuster zu ändern. Die Gründungsphase war für uns auch eine Selbstfindungsphase – es hat ein halbes Jahr gedauert, bis wir herausgefunden hatten, was wir mit NEW STANDARD.S wirklich machen wollen und wo unsere Expertise am besten aufgehoben ist. Jetzt wissen wir: So komplex wie Nachhaltigkeit ist, ist es umso wichtiger, dass Strategie und Kommunikation Hand in Hand gehen müssen. 

Das Gründungsteam von NEW STANDARD.S

Warum braucht es eine andere visuelle und schriftliche Sprache, wenn es um die Nachhaltigkeit von Unternehmen geht?

Weil wir andere Botschaften transportieren müssen. Es heißt zwar auch “the medium is the message”, aber für uns geht es vor allem darum, wie diese Message kommuniziert wird: Text und Bild können Menschen begeistern, motivieren und inspirierenn. Das ist in Zeiten von Herausforderungen und Krisen umso wichtiger! Wie sieht das Morgen aus? Warum müssen wir nachhaltiger agieren? Nur wenn wir die Zukunft zeigen oder beschreiben oder zumindest skizzieren können, können wir auf dieses Ziel hinarbeiten.

Wenn wir mit Unternehmen arbeiten, also intern, dann fehlt diese Vision ganz oft. Wenn mein Ziel nur “Klimaneutralität bis 2050” ist, wie schaffe ich dann, meine Mitarbeiter:innen dafür zu begeistern? Da steckt keine Story dahinter, keine Leidenschaft. Warum sollte das Team auf ein Ziel hinarbeiten, dass nicht wahnsinnig erstrebenswert erscheint? Deshalb brauchen wir neue Geschichten, wir brauchen gutes Storytelling! Denn solange Nachhaltigkeit von anderen nur als Verzicht und Verlust geframet wird, werden wir es nicht schaffen die breite Masse dafür zu motivieren.

Aber auch: Visuelles und Sprache rund um Nachhaltigkeit müssen ehrlicher sein als das klassische Marketing. Greenwashing und Glaubwürdigkeitsverlust können einer Marke heutzutage das Genick brechen – Kommunikation muss auf diese Herausforderung ausgerichtet sein: Weniger Verkürzungen, weniger Abstraktionen, dafür mehr Information, mehr Transparenz und mehr Ehrlichkeit.

Wie sieht das Beratungsangebot von NEW STANDARD.S aus? Sind Eure Kund:innen auch HR-Manager:innen und vor welchen Herausforderungen stehen sie?

Unser Beratungsangebot ist sehr vielfältig und hängt stark davon ab, wer uns kontaktiert und mit welchem Problem. 

Da gibt es den CEO, der Nachhaltigkeit top-down in die Unternehmens-DNA integrieren möchte – hier helfen wir mit strategischer Beratung, mit Zielsetzungen, aber auch mit Ideen und Maßnahmen, wie diese Vision top-down umgesetzt werden kann, sodass alle Mitarbeiter:innen an einem Strang ziehen. 

Oft ist es tatsächlich die Marketing-Abteilung, die den ersten Schritt macht, weil das Thema Nachhaltigkeit zum größten Teil noch durch Kund:innen- bzw. Marktdruck forciert wird. Das ist schade, denn dahinter liegt meist die Frage: Wie können wir Nachhaltigkeit nutzen, um mehr unserer Produtke zu verkaufen – dabei widerspricht das dem Nachhaltigkeitsgedanken erstmal. Wir hinterfragen diese Motivitation dann und arbeiten mit vielen Unternehmen an ihrem ersten Nachhaltigkeitsbericht, sodass wir den Status Quo, das Unternehmen und das Geschäftsmodell kennen und die Basis für transparente Kommunikation schaffen. Diese Grundlage ist für uns und eine langfristige Arbeit mit dem Kund:innen ganz essentiell.

HR-Manager:innen kommen auch auf uns zu – dann geht es meist darum, wie die Mitarbeiter:innen aktiv in die Nachhaltigkeitsstrategie eingebunden werden können. Dafür bieten wir zum Beispiel Teambuilding-Workshops oder Employer Branding Maßnahmen an. Aber auch hier: Die Grundlage sind ehrliche Werte, die das Unternehmen bzw. die Unternehmensführung vertritt, und dessen authentische Umsetzung in Aktionen. 

Was wären die drei Tipps, die Unternehmen jetzt verändern müssen, um sich zukunftsorientiert aufzustellen?

Tipp 1

In vielen Unternehmen, mit denen wir arbeiten, laufen Prozesse seit Jahrzehnten gleich ab – niemand hinterfragt, warum Dinge so gemacht werden. Der erste Tipp ist also: Kritisch das eigene Tun beleuchten. Sind die Strukture und Prozesse an den eigenen Werten ausgerichtet? Welche Werte verfolge ich überhaupt – und warum? Was ist meine Mission? Das ist die Basis, um herauszufinden, was die Zukunft überhaupt sein könnte und was mich dort erwartet. Nur dann kann ich auch zukunftsorientiert handeln. Der eigene Gradmesser muss stimmen und bei jeder Entscheidung aktiv sein!

Tipp 2

Zweitens: Proaktiv handeln. Leider warten Unternehmen viel zu sehr darauf, auf außen reagieren zu müssen, anstatt aktiv zu agieren und den ersten Schritt zu machen. Kann man dabei auch mal einen Fehler machen? Natürlich – aber das ist ja nicht das Ende, im Gegenteil. Wenn ich eine Fehlerkultur etablliere, dann lerne ich daraus und mache es beim nächsten Mal besser. Nachhaltigkeit ist ein Prozess, es gibt in den seltensten Fällen ein ganz klares Richtig oder Falsch. Das Thema ist nicht schwarz-weiß. Das müssen Entscheider:innen lernen. Ohne lange auszuschweifen: Wir haben verlernt, Ambiguität zuzulassen. Was für das eine Unternehmen richtig ist, passt für das andere vielleicht nicht. Dabei ist es wichtig zu sehen, dass es gerade im Bereich Nachhaltigkeit das A und O ist, den eigenen Weg zu finden, und mich in Bewegung setzen.

Tipp 3

Und zu guter Letzt: Lagert eure Probleme bzw. deren Lösung nicht aus, sondern stellt euch der Herausforderung intern. Unser Ansatz ist es, Selbstwirksamkeit zu schaffen und Unternehmen bzw. ihre Mitarbeiter:innen dazu zu befähigen, das Thema Nachhaltigkeit eigenständig umzusetzen. Das braucht am Anfang immer etwas Starthilfe und als Sparring-Partner betreuen wir unsere Kund:innen langfristig – aber es ist ein Irrglaube, dass ich mein Unternehmen nur durch externe Hilfe zukunftsfähig machen kann. Die größte Expertise ist in-house und Mitarbeiter:innen haben oft die besten Ideen, wenn man ihnen zuhört bzw. ihnen Werkzeuge und Methoden an die Hand gibt, sie selbst zu entwickeln.

Ein Beispiel: Wir arbeiten mit einem Unternehmen, das Kupfer recycelt. Zu Beginn waren wir keine Experten in dem Gebiet, im Gegenteil – mittlerweile kennen wir die Abläufe und haben wichtige Insights. Aber wir würden uns nie anmaßen, dem Unternehmen etwas aufzuzwingen. Was auch immer wir erarbeiten, entsteht ko-kreativ und partizipativ. Das heißt wir inspirieren, stärken das Bewusstsein und stoßen die interne Arbeit an diesen Themen an – durch Deep Dives und als Sparring-Partner.

Inwiefern passen Wachstum und Nachhaltigkeit zusammen? 

Nur wenn wir Wachstum anders definieren. Jedes Unternehmen will wachsen, wir natürlich auch – aber erstens nicht um jeden Preis, und zweitens nicht, indem wir endlos mehr verkaufen oder arbeiten. Wir kennen unsere Grenzen, alle im Team haben zum Beispiel eine 4-Tage-Woche. Wir setzen Wachstum nicht mit monetärem Wachstum gleich, sondern vor allem mit Impact und Wirkung – davon kann es nämlich nie genug geben und das treibt uns an! 

Wie können wir mit dem „Begriff“ Nachhaltigkeit besser umgehen, damit er nicht verwässert, oder ist es dafür schon zu spät?

Wie sagen wir so schön: “It’s never too late to set new standards.” Genauso ist es nie zu spät dafür, Nachhaltigkeit zu verwenden bzw. den Begriff mit der eigenen Vorstellung aufzuladen. Dazu gibt es auch einen tollen Artikel von Leyla Acaroglu.

Klar ist es aktuell ein Buzzword – deshalb sind wir große Befürworter davon, „Nachhaltigkeit“ sparsamer einzusetzen oder auch davon, dass die EU versucht, Regeln zu schaffen, um Greenwashing und den Missbrauch des Wortes zu vermeiden.  

Aber wenn wir alle gemeinsam an unserer Zukunft arbeiten wollen, dann ist eine gemeinsame Sprache wichtig. Nachhaltigkeit ist endlich im Mainstream angekommen, das ist gut so. Während wir uns in der Bubble also schon mit dem nächsten großen Ding – egal ob regenerativ oder zirkulär – auseinandersetzen, ist es wichtig, dass auch die Masse versteht, was Nachhaltigkeit bedeutet und warum die sozial-ökologische Transformation ein richtiges und wichtiges Projekt ist. 

Viele Menschen haben keine Ahnung, was Klimaneutralität oder -kompensation bedeutet, weil das neue Wörter sind, die nie jemand erklärt hat. Unternehmen aber werfen mit diesen Begriffen nur so um sich – das ist Kommunikation, die sinnlos ist und zu nichts führt. Dann merkt man schnell, dass es dem Unternehmen nur um die Außendarstellung geht, aber nicht um den tatsächlichen, positiven Impact.

In unserer Arbeit mit Kund:innen steht zu Beginn immer die gemeinsame Definition des Begriffs Nachhaltigkeit im Team, also mit den Mitarbeiter:innen. Das gemeinsame Verständnis ist Grundlage für die interne Arbeit. Nach außen hin sollte der Begriff dann immer erklärt oder durch einen anderen mit klarer Bedeutung ersetzt werden. Beispiel: Ist mein Produkt wirklich nur „nachhaltig“ oder ist es vielleicht recycelt, kreislauffähig oder schadstofffrei? Das würde doch so viel mehr sagen.

Welche Eigenschaften bringen Future Talents Deiner Meinung nach mit?

Neugierde und die Motivation, lebenslang zu lernen. Anpassungsfähigkeit und das Interesse, die eigenen Kernthemen steig zu schärfen und auszubauen. Wir brauchen neben Expert:innen in Zukunft vor allem auch Allrounder:innen und Generalist:innen – Talente, die die Zusammenhänge sehen, systemisch denken und arbeiten und den eigenen Bias kritisch hinterfragen.

Gemeinsinn – für mich ganz essentiell –, denn währen die Werbung in den letzten Jahrzehnten vor allem über Individualismus und Freiheit funktioniert, sehen wir in der Realität, dass wir mehr denn je kollektives Handeln und Empathie brauchen, um die großen Herausforderungen anzugehen.

Und last but not least: Verantwortungsbewusstsein, vor allem für das eigene Tun. Future Talents tragen gerne Verantwortung – Unternehmen sollten das zulassen und nutzen, davon können wir alle nur profitieren!

Vielen Dank für diese ausführlichen und inspirierenden Antworten, lieber Max! Wir wünschen Dir und NEW STANDARD.S alles Gute! 😊

Mit Maximilian Mauracher und NEW STANDARD.S haben wir die Corporate Identity von Green Recruiting erstellt und sind sehr happy für die kollaborative Zusammenarbeit!

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Credit: Daniel Faro - Unsplash

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